Rein handwerklich und inhaltlich gesehen, strotzt Fifty Shades of Grey nicht unbedingt vor Anspruch. Niemand würde auf die Idee kommen, eines der Werke aus der Feder E. L. James als hochwertige Literatur zu bezeichnen. In den Feuilletons der deutschen Presse wird es gerne als kitschig bezeichnet oder mit „Arztromanen“ gleichgesetzt. Doch aller Kritik zum Trotz – die Bücher verkaufen sich Millionenfach und beide Filme sorgten für volle Kinosäle.

Doch was ist es, was die Shades of Grey – Trilogie so erfolgreich macht? Was spricht die Geschichte von Anastasia Steele und dem Milliardär Christian Grey in den überwiegend weiblichen Lesern an und lässt Höschen feucht werden, daß sie so auf das Buch und die Filme abfahren? Ich habe mal ein wenig nachgeforscht und hier sind 5 Gründe, was Shades of Grey so erfolgreich gemacht hat.

1. Cinderella Story

Normales, unschuldiges Mädchen trifft reichen, selbstbewussten Milliardär und verliebt sich. So einfach und doch so gut. Das ist ein Plot, der schon viele Bücher und Filme erfolgreich gemacht hat und wahrscheinlich noch machen wird. Dazu noch ein wenig Drama und ein Hauch BDSM und fertig ist der Bestseller. Wobei gerade der BDSM-Teil wahrscheinlich den Ausschlag gibt, warum Shades of Grey alle anderen Liebesromane noch geschlagen hat.

Es ist eine Story, die gerade in ihrer Einfachheit und klaren Struktur überzeugt. Nicht wenige Frauen sähen sich insgeheim gerne an Anastasias Stelle. Ein einfaches, sonst unsichtbares Mädchen, dass von einem reichen, aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht kommenden Mann gesehen und begehrt wird.
Runtergebrochen kann man sagen: Es geht um Liebe, es geht um Lust und es geht um Leidenschaft – schon immer das Erfolgsrezept für eine gute (Frauen-)Story.

2. Starker Mann …

Auch jetzt, in Zeiten der emanzipierten Frau, wünschen sich viele Frauen doch auch immer noch eine starke Schulter zum anlehnen. Sie wünschen sich einen weißen Ritter in schimmernder Rüstung, der alle Gefahren von ihr fern hält und sie auf Händen trägt. Und wer wäre da besser geeignet als der Selfmademilliardär Christian Grey, der über alles und jeden die Kontrolle hat und für den kein Problem unlösbar erscheint. Er vereint so viele Gegensätze in sich – jung aber erwachsen, übernimmt die Kontrolle ist aber auch sensibel, animalische Lust aber trotzdem kontrolliert – sodass er der perfekte Mann zu sein scheint. Dass dann auch noch eine dunkle Vergangenheit dazukommt, die ihn scheinbar zu einem verkorksten Mann gemacht hat, schadet dieser perfekten Erscheinung keineswegs. Sie macht ihn ganz im Gegenteil nur noch unwiderstehlicher und aktiviert gleichzeitig das Helfersyndrom in der Frau. Um an den Preis zu kommen, muss der Mann erst von seinem Fluch befreit werden.

… und das gute Mädchen

Anastasia Steel ist so normal und naiv, wie eine junge Frau nur sein kann. Und dazu auch noch Jungfrau. Sie ist das stereotypische Gute Mädchen, was aber gleichzeitig, ganz ohne sich dafür zu schämen, diverse sexuelle Praktiken genießt, welche Grey an ihr ausübt. Weil sie nicht die sonst dargestellte Überfrau ist, sondern eher das Mädchen von Nebenan, können sich viele Frauen mit ihr identifizieren oder erkennen darin zumindest etwas, wie sie sich selber in ihrer Fantasie vorstellen.

In einer Zeit, wo Sex trotz aller Offenheit nach wie vor einen gewissen „Schamfaktor“ hat, ist diese Unbedarftheit, mit der Anastasia an das BDSM-Thema herangeht, besonders bedeutend. Denn das sagt der Leserin – wenn dieses unschuldige Mädchen diese Praktiken nicht verurteilt – warum sollte ich mich dann für meine (geheimen) Gelüste schämen?

3. Christian Grey weiß, was er tut

Im Gegensatz zu vielen anderen Männern muss Christian Grey nicht erst nach den erogenen Zonen der Frau suchen, sondern weiß genau, was er tut. Virtuos spielt er auf der Klaviatur der Lust und schlägt genau die richtigen Tasten bei Anastasia an, um einen Orgasmus nach dem anderen aus ihr herauszukitzeln. Und trotz dieser Empathie und des Einfühlungsvermögens ist er gleichzeitig auch hart und unnachgiebig.
Welche Frau wünscht sich nicht einen Mann, der auf der einen Seite sanft und geduldig ist, auf der anderen Seite aber beim Sex auch zupacken kann.

4. Endloses Vorspiel und die Lust der Frau

Doch nicht nur der Sex ist es, welcher die Leserinnen und Zuschauerrinnen bei Shades of Grey so um den Verstand bringt. Gerade für Frauen muss es oft nicht gleich zu Sachen gehen, sondern es darf vorher gerne ein ausgedehntes Vorspiel erfolgen. Und das gibt es zu Genüge. Bevor es überhaupt zum ersten Geschlechtsakt kommt, wird Anastasia auf verschiedenste Art und Weiße angeheizt, sodass sie es am Ende kaum noch erwarten kann, sich auf Christian Grey zu stürzen.

Hinzu kommt noch, dass dabei der Fokus ganz auf der Frau liegt. Denn, ist der Erotiksektor meistens auf die Befriedigung des Mannes fixiert, dreht sich bei Shades of Grey alles um die Lust von Anastasia Steele. Zwar hat auch Christian Grey seine Begierden, doch tritt er meistens sehr kontrolliert auf und lässt ihnen nur freien Lauf, wenn Ana es von ihm fordert. Ansonsten ist er hauptsächlich damit beschäftig, sie mit jeder Menge Orgasmen zu versorgen.

Sie steht einfach im Mittelpunkt von Greys ganzen Begehren.

5. Die Fantasie von der Dominanz

Studien habe ergeben, dass mindestens ein Drittel, wahrscheinlich sogar die Hälfte aller Frauen sich hin und wieder vorstellt, beim Sex dominiert zu werden. Das heißt natürlich nicht, dass sie das auch im wirklichen Leben ausleben wollen, aber zumindest die Fantasie ist weit verbreitet. Und genau diese Fantasie wird von SoG bestens bedient. Schließlich befinden sich Grey und Steele in einer BDSM Beziehung, bei der sich Anastasia Ihrem Herren unterwerfen darf.

Das reizvollste dabei ist aber nicht einmal der Gedanke an die Schmerzen oder das reine Fesseln, sondern das, was daraus resultiert: Sich fallen lassen. Begibt sich eine Frau in die Hände ihres Dom, kann sie alle Verantwortung abgeben. Sie muss sich um nichts mehr kümmern, sie muss nicht die Führung übernehmen, sie muss einfach nur den Anweisungen folgen, die ihr gegeben werden. Bei einem stressigen Alltag zwischen Familie und Arbeit, kann das sogar der erregendste Teil sein. Und Bondage ist das beste Mittel dafür – denn ist frau einmal gefesselt, kann sie sowieso nichts mehr tun und muss einfach loslassen.

Die Psychologin Felicitas Heyne grenzt dabei aber auch ein: „Die Leserinnen sind gerne Zaungäste, wenn Christian Grey Anastasia Steele den Hintern versohlt, aber das bedeutet nicht, dass sie sich so eine Behandlung im wahren Leben wünschen. Der Unterschied ist, dass man in der Fantasie niemals hilflos und ausgeliefert ist. Im Gegenteil, hier bleiben die Frauen immer Regisseurin des Geschehens.”

Und, diese Unterwerfung widerspricht auch keineswegs den feministischen Grundsätzen – was im Schlafzimmer passiert, kann was völlig anderes sein, als das, was außerhalb desselben gelebt wird.

Die gezeigten BDSM-Darstellungen mit Vorsicht genießen

Wir wissen jetzt, warum die Trilogie bei Frauen solche Begeisterungsstürme auslöst. Doch so viel Erfolg bringt auch Gefahren mit sich, weshalb an dieser Stelle noch eine Warnung ausgesprochen werden soll.
Neben der Kritik an der literarischen Qualität des Buches, wurde
Shades of Grey auch hart für die Darstellung von BDSM kritisiert. Zurecht!

Denn so sehr die dargestellte Gewalt in Sinne einer BDSM-Beziehung erregt, sollte sie keineswegs als Vorlage für eine solche genommen werden.

Mr. Grey macht nämlich so ziemlich alles falsch, was man(n) beim Spiel mit der Dominanz falsch machen kann. Allem voran, daß er sich nicht an vorher verabredete Regeln hält, wie zum Beispiel an das so wichtige Safe-Word. In einem solchen Fall wird dann aus der eigentlich konsensualen SM-Szene eine nichtkonsensuale Gewalt-Szene. Oder um es mit den Worten von Matthias Grimme zu sagen: “Gewalt ist gescheiterte Kommunikation. SM ist geglückte Kommunikation. Die Voraussetzung für sadomasochistische Handlungen ist immer die Einvernehmlichkeit zwischen den teilnehmenden Personen, egal was die dann machen. Das ist das, was von der Szene hochgehalten wird und wogegen nicht verstoßen werden darf.”

Auch zeichnet der Film das Bild, daß ein BDSMler unbedingt eine schlimme Kindheit und selbst Gewalt erfahren haben muss, um zu einem BDSMler zu werden. Was ebenfalls ganz und gar nicht der Wahrheit entspricht. BDSMler sind ganz normale Menschen mit ganz normalen Vergangenheiten, nur mit eben etwas ausgefalleneren sexuellen Präferenzen.

Also, ihr könnt 50 Shades of Grey gerne als anregende Lektüre oder Film nutzen, aber keinesfalls als Vorlage für einen Einstieg in die BDSM-Szene. Besucht dafür lieber diverse Foren, wo sich versierte Menschen herumtreiben. Oder noch besser, bucht ein Seminar oder einen Workshop, wo ihr die Grundlagen des Fesselns und des SM in einem sicheren Rahmen lernen könnt.

Gastbeitrag von Erosa.de

Passend dazu ist die BDSM Produktion “Prüfung in der weissen Villa”

 

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