Dein Kopf ist beim Sex wichtiger als Du denkst

Wenn wir Sex haben, scheint zwar eigentlich der untere Teil unseres Körpers die Regie zu übernehmen – doch dieser Eindruck täuscht. Erst durch ein komplexes Zusammenspiel von Nervenzellen und Botenstoffen wird aus Sex auch ein richtig leidenschaftliches Erlebnis.
Die Mechanismen, durch die das Hirn zur Schaltzentrale der Lust wird, sind in Teilen gut erforscht, halten aber immer noch einige Rätsel bereit.

Eine wichtige Rolle spielen diverse, als Neurotransmitter bezeichnete, Botenstoffe.
Zum Beispiel Dopamin, das auf dem Gipfel der Lust in großen Mengen ausgeschüttet wird. Dopamin aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn massiv, dadurch geraten wir in einen Rausch der Euphorie. Die Vorgänge, die sich dabei in unserem Oberstübchen abspielen, gleichen den Effekten von Heroin oder Kokain. Tatsächlich ist Dopamin wohl auch dafür verantwortlich, daß wir uns beim Schmusen mitunter wie Süchtige verhalten. Sobald wir sexuell erregt sind, erzeugt der Botenstoff einen unwiderstehlichen Antrieb zum Weitermachen – bis der Gier endlich der Orgasmus folgt und sich die Aktivität in weiten Teilen des Großhirns und dem Hypothalamus schlagartig verringert.

Eine Umarmung vertreibt den Stress

Einen großen Anteil an der rauschhaften Euphorie von Verliebten hat das Noradrenalin. Der in der Nebenniere gebildete Neurotransmitter hebt auch die Laune, erhöht unsere Aufmerksamkeit, vertreibt Hunger und Müdigkeit und dämpft Schmerzen. So lässt es sich erklären, daß manchmal schon eine einfache Umarmung reicht, um uns persönlichen Stress vergessen zu lassen.

Wie körpereigene Schmerzmittel wirken die so genannten Endorphine. Beim Sex fördern sie die Entspannung und helfen so vor allem Frauen zum Höhepunkt zu gelangen.
Für viele Frauen spielt das Loslassen-Können eine große Rolle. Wenn eine Frau dem Partner vertraut und sich von ihm begehrt fühlt, desto leichter klappt es bei ihr mit dem Orgasmus.

In der Tat scheinen Endorphine auch eher beim sexuellen Genuss innerhalb einer vertrauten Beziehung eine Rolle zu spielen als beim kurzen Rausch eines One-Night-Stands.

Daß der Körper nach dem Höhepunkt wieder herunterfährt und – zumindest beim Mann – eine Weile nicht für sexuelle Stimuli empfänglich ist, liegt an einem Neurotransmitter, der nach dem Orgasmus vermehrt ausgeschüttet wird.

Serotonin kann die Erregung blockieren

Der Hirnbotenstoff Serotonin steigert zwar das Wohlempfinden, kann aber gleichzeitig die Erregung blockieren. Antidepressiva, die die Konzentration von Serotonin an den Synapsen erhöhen, beeinflussen daher oft das Sexleben: Leider leiden viele Patienten, während sie die Mittel schlucken, unter Orgasmusschwierigkeiten, Erektionsstörungen oder anderen sexuellen Problemen.

Hirnkerne – Rolle beim Sex

Dreh- und Angelpunkt unserer Lust ist der Hypothalamus. Die Hirnregion stellt eine Verbindung zwischen Nervensystem und Hormonen her. Lange Zeit war dieser Teil unseres Denkorgans vor allem dafür bekannt, daß er uns ermöglicht, in Angst- und Stresssituationen blitzschnell zu reagieren. Binnen Millisekunden gibt der Hypothalamus zum Beispiel der Nebenniere den Befehl, den Botenstoff Adrenalin auszuschütten und damit den gesamten Organismus in Alarmbereitschaft zu versetzen.

Doch nicht nur Bedrohung aktiviert den Hypothalamus, sondern auch Zärtlichkeit. Berührungssignale beim Sex steigern seine Aktivität stetig weiter – bis sie in der Freisetzung großer Mengen des Bindungshormons Oxytozin beim Orgasmus gipfelt.
Nach dieser Entladung nimmt die Aktivität des Hypothalamus schlagartig ab. Ein Effekt, der ein starkes Gefühl von Befriedigung erzeugt.

Auch das Belohnungssystem des Gehirns ist beim Sex äußerst aktiv. Zwei Hirnbereiche, der Nucleus accumbens und der Nucleus caudatus, sowie der Botenstoff Dopamin regulieren unsere Motivation und Lust. Sie reagieren auf ganz unterschiedliche Reize und lassen uns nach den verschiedensten Belohnungen streben: einem guten Essen etwa, Geld – oder einer Droge, die direkt auf die Dopamin-Ausschüttung im Hirn wirkt. Natürlich stellt auch der Orgasmus eine solche Belohnung dar.

Ob sich die Erregungsmuster im Hirn von Mann und Frau unterscheiden, wird noch erforscht. Einige Untersuchungen deuten darauf hin, als gesichert können diese Erkenntnisse jedoch noch nicht angesehen werden. Beobachtet wurde zum Beispiel ein Unterschied in der Amygdala. Dieses Hirnareal ist für die (Wieder-)Erkennung von möglichen Gefahrsituationen und der Entstehung von Angst mit all ihren körperlichen Reaktionen zuständig. Bei Frauen ist die Amgydala während des Höhepunkts regelrecht lahmgelegt. Bei Männern dagegen nicht.

Großhirn – Rolle beim Sex

So wichtig Genitalien, Hormone und Neurotransmitter für den Orgasmus und die menschliche Fortpflanzung sind – sie alle sind letztlich nur Instrumente im Orchester der menschlichen Sexualität. Der Dirigent ist das Gehirn – vor allem das bei uns Menschen besonders stark entwickelte Großhirn. Dank moderner bildgebender Verfahren wie der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und einiger unerschrockener Probanden verstehen Forscher inzwischen immer besser, welche Teile unseres Denkorgans in verschiedenen Phasen der Annäherung und des Liebesspiels aktiv werden müssen, damit wir uns nicht nur zu einem bestimmten Menschen hingezogen fühlen, sondern es auch irgendwie schaffen, sie oder ihn ins Bett zu kriegen.

Die erste wichtige Hürde im Annäherungsprozess ist das Küssen. Tausende von Nervenzellen schicken die dabei entstehenden Berührungsreize von Lippen, Zunge und Mund an den so genannten somatosensorischen Kortex, einem Teil der Großhirnrinde, der diese Informationen verarbeitet. Auch wenn Forscher noch darüber spekulieren, warum der Homo sapiens das Aneinanderpressen des Mundes mit dem des Partners als lustvoll empfindet: In vielen Fällen entscheidet der erste Kuss darüber, ob aus einer Romanze mehr wird – oder nicht. Studien zeigen, dass sich viele Menschen schon einmal zu einem Partner hingezogen fühlten – bis es zur Berührung von Lippen und Zunge kam und jegliches Verlangen erlosch. Warum das im einen Fall passiert und im anderen nicht, weiß bis heute niemand. Offenbar melden jedoch bestimmte Regionen des Gehirns, dass es irgendwie nicht passt.

Daß das Küssen (neben anderen positiven Effekten) auch dem Sondieren potentieller Geschlechtspartner dient, ist plausibel. Zum Beispiel können wir beim Küssen gleich mehrere Eindrücke vom Partner unmittelbar wahrnehmen: seinen Blick, seinen Geruch, seinen Atem und – vielleicht – das eine oder andere zärtlich geflüsterte Wort. Fällt der erste Partner Check positiv aus, tauchen manche Fragen auf. Wie bekomme ich ihn oder sie ins Bett? Wie schaffe ich beiläufig, das Kondom ins Spiel zu bringen, ohne daß es peinlich wird? Jetzt ist der präfrontale Kortex gefordert, jener Teil des Großhirns, der für die Planung unserer Handlungen zuständig ist.

Wie wir uns während des Liebesspiels räkeln, ist vor allem Sache des motorischen Kortex. Er steuert die bewussten Bewegungen – zum Beispiel, wenn wir merken, daß vielleicht eine andere Stellung besser wäre. Oder wenn wir überlegen, wie wir es am anstellen, daß der Partner oder die Partnerin möglichst unsere Schokoladenseite zu Gesicht bekommt. Gleichzeitig steuert das Kleinhirn eine Vielzahl von Reflexen, die vor allem bei den rhythmischen Zuckungen der Beckenmuskulatur während des Orgasmus eine Rolle spielen.

Moralische Kontrollinstanzen werden ausgeschaltet

Es gibt Hinweise darauf, daß einige Hirnregionen beim Sex ruhig werden – solche nämlich, die unser Verhalten und unsere Erregung im Alltag gezielt bremsen oder unterdrücken. Einer Studie französischer Wissenschaftler zufolge scheint etwa der Gyrus rectus im linken Stirnlappen das sexuelle Verlangen zu hemmen. Sie untersuchten gesunde Männer und solche, die – aus ungeklärten Gründen – für sexuelle Reize unempfänglich waren. Als die Forscher den gesunden Männern erotische Videos präsentierten, nahm die Aktivität im Gyrus rectus deutlich ab. Bei den lustlosen Probanden dagegen war das Hirnareal genauso aktiv wie sonst.

Vorm Höhepunkt schalten sich auch bei der Frau bestimmte Hirnareale ab, vor allem Teile des so genannten Frontallappens, der “Kontrollinstanz” im Kopf. Niederländische Forscher haben zwei Zentren ausgemacht, die nicht aktiv sein sollten, wenn “sie” einen Orgasmus erleben will: Der linke orbitofrontale Kortex, der für die Triebkontrolle und Selbstbeherrschung verantwortlich ist, sowie der dorsomediale Präfrontalkortex. Er sorgt normalerweise dafür, daß wir unser eigenes Handeln danach richten, was wir als Regeln für “moralisches” und “soziales” Verhalten beigebracht bekommen haben.

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